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China per Rad

1.655 km Radreise - als Teil einer Weltreise mit dem Fahrrad - von der laotischen Grenze in einem großen Bogen durch die Yunnan-Provinz am Rande des tibestischen Plateaus entlang nach Norden, über Dali und Lijiang zur Tiger Leaping Gorge und nach Osten über Kunming und den Shilin Stone Forest zurück zur laotischen Grenze.


Reiseroute

Daten

11.01. - 16.02.2006 / 37 Tage

1.655 km

20.451 Höhenmeter

Höchster geradelter Punkt: 2.607 m

Reisebericht

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Fotogalerie


Bericht

Am 11. Januar überquerte ich mit Steffi in Boten die Grenze. Nach den Grenzformalitäten passierten wir den ersten Kilometerstein: Noch 3.040 km bis Peking! Doch das war uns zu weit und sowieso viel zu kalt dort. Daher wollten wir "nur" eine große Runde durch die Yunnan-Provinz drehen und somit sollte es zunächst nach Nordwesten zum Rand des tibetischen Plateaus gehen. Etwa 50 km hinter der Grenze überholte uns ein Bus, bremste abrupt und wer sprang da aus der Tür heraus: Lasse aus Hamburg! Kaum zu glauben, er hatte sein gestohlenes Rad wiedergefunden und so war alles schnell geklärt: in Jinghong würden wir uns treffen und gemeinsam zu dritt nach Norden fahren.

 

Drei Tage später war es dann soweit: Zusammen mit Steffi, Lasse und Toby und Nishma aus London radelte ich auf der 214 nach Nordwesten aus Jinghong hinaus. Doch schon nach einigen Kilometern war klar, Toby und Nishma, die heute den ersten Tag auf ihren gerade in China erworbenen Mountainbikes saßen, blieben weit zurück. Leider verabschiedeten wir uns daher von den beiden beim nächsten Stopp. Einer musste aber trotzdem weiterhin öfter mal warten, denn Lasse war nicht nur wegen seines kaum vorhandenen Gepäcks auf seinem Rennrad schneller als wir. Durch schöne Landschaft gings über bewaldete Berge immer rauf und runter über zumindest anfangs noch geteerte Straße. Doch nach einigen Tagen gings dann fast nur noch über abwechselnd übles Kopfsteinpflaster, felsigen und ausgewaschenen Kies und holprige Staubpiste sehr anstrengend und teils steil rauf und runter. Zudem wurde es vor allem abends, nachts und morgens ziemlich kalt, so dass wir uns in Lancang erst einmal jeder einen langen warmen Pyjama kauften. Morgens gings dann dick vermummt, mit langer Radhose (Lasse mit seiner Pyjamahose...) und Jacke in die Kälte hinaus.

 

Dem fast unerträglichen und endlosen Kopfsteinpflaster war mangels Seitenstreifen auch nicht zu entkommen und als wir an einem Truckstop erfuhren, dass die nächsten 100 km so weitergehen würden, wollten Steffi und Lasse den Bus nehmen. So hockten wir uns an den Straßenrand und warteten. Nach einigem Hin und Her nahm ein Kleinbus uns und die Räder dann auch bis zu einem Kontrollposten kurz vor Shuangjiang mit. Dort angekommen war es längst dunkel und auch nicht viel los. Doch wir kamen gerade pünktlich zur Wachablösung! Im Stechschritt und mit viel Geschrei wurde über die leergefegte und ja eigentlich recht unbedeutende Kreuzung nahe der Grenze zu Myanmar marschiert. Ein Hotel gab es nicht und nach ausführlicher Diskussion kam man zu dem Ergebnis, uns nun doch nicht im Militärgebäude schlafen lassen zu können, und nach Shuangjiang wäre es zu weit, um noch ein geöffnetes Hotel zu finden. Also machten wir es uns auf einer Bank an der Kreuzung gemütlich und verkündeten todesmutig, dass wir dort schlafen würden. Angeblich ohne Schlafsäcke bei dieser Kälte eine ziemlich absurde Idee, das dachte wohl auch das chinesische Militär, denn auf einmal hatte man ganz unverhofft eine Lösung gefunden: Nur 200 m weiter an der Straße nach Myanmar gabs ein kleines günstiges Gasthaus und stolz, das "Problem" gelöst zu haben, führte man uns dorthin. Warum denn nur nicht gleich, dachten wir uns kopfschüttelnd ...

 

Die nächsten Tage gings dann teils sehr lange Pässe auf über 2.000 m anstrengend auf und ab. Die Nächte waren noch kälter als bisher, da wir meist auf über 1.500 m schliefen. Von Lasse verabschiedeten wir uns bei einem Stopp, denn für alle war es so angenehmer: er musste nicht mehr so oft und lange auf uns beide warten und wir mussten uns nicht mehr beeilen. In Dali wollten wir uns dann wiedertreffen. Doch die zwei nächsten Nächte trafen wir uns rein zufällig im selben Ort. Einer davon war Weishan, ein Ort mit wunderschöner Altstadt mit traditionellen chinesischen Häusern und ganz ohne Touristenströme.

 

Die nächsten drei Tage verbrachten wir in Dali, der Hauptstadt des Bai-Volks. Eine schöne Altstadt, von einer Stadtmauer umgeben, umrahmt im Westen von einer 4.000 m hohen Bergkette und im Osten vom 250 Quadratkilometer großen Erhai Hu See. Wider Erwarten sollte ich Lasse hier leider zum letzten Mal sehen.

 

Für uns gings weiter nach Lijiang, wo ich mich drei Tage lang kaum aus dem Bett bewegte, denn eine dicke Erkältung hatte Steffi und mich erwischt. Da wir ein Zimmer mit TV, DVD-Player und freier DVD-Auswahl hatten, war uns die Grippe aber gar nicht mal so unrecht und wir genossen es sogar ein wenig. Doch dann gings raus aus dem Bett, denn zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich gleich zwei Mal in einem Monat Sylvester feiern: Es war der 28. Januar und somit hieß es Reinfeiern ins chinesische Neujahr! Mit Michael aus den USA und seiner chinesischen Freundin Shaoiu und einigen anderen Chinesen tranken und feierten wir in einer kleinen einheimischen Kneipe. Um Mitternacht gabs dann endlich ein Feuerwerk, so eins wie ich es vor vier Wochen in Laos erwartet hatte...

 

Zwei Tage später war der Kater überwunden und für zwei drei Tage wollte ich mit Steffi, Michael und Shaoiu durch eine der tiefsten Schluchten der Erde wandern. 16 km fließt der Yangtze River durch die atemberaubende Tiger Leaping Gorge. Mit unfassbar gigantischen Steilwänden sind es über 3.900 m von der brodelnden Gischt des Yangtze bis zu den 5.600 m schneebedeckten Gipfeln auf beiden Seiten der Schlucht! Drei Tage wanderte ich flussabwärts mit Steffi, Michael und Shaoiu, Juan aus Chile, Marie aus Frankreich und Sandor aus Ungarn über teils sehr steile Pfade durch die Schlucht. Es ging weit oberhalb des Flusses mit atemberaubenden Ausblicken und tief hinab über in Felsen gehauene Felstunnel direkt am brodelnden Yangtze entlang. Wirklich drei unglaubliche Tage!

 

Kurze Zeit später gings dann zurück über Dali weiter nach Osten Richtung Kunming. Um der alten holprigen Straße zu entkommen und Zeit zu gewinnen, fuhren wir kurzerhand auf den Expressway, für Fahrräder natürlich gesperrt. Außer dem wild gestikulierenden Maut-Kassierer an der Auffahrt schien es für etliche Kilometer aber niemanden zu stören und wir gaben ordentlich Gas. Kurz vor dem Ende eines 7 km langen Tunnels hielt uns dann aber ein Löschzug mit Blaulicht an und eskortierte uns die letzten Meter aus dem Tunnel. Danach schien es wieder keinen zu interessieren, bis 40 km später eine Polizeistreife unserer schnellen Fahrt nach Osten an einer Ausfahrt ein Ende setzte. So gings für den Rest des Tages und den Tag darauf auf der holprigen und natürlich viel längeren und steileren alten Straße weiter. Dann wollte ich es aber nochmal wissen und wir fuhren bei Chuxiong wieder auf den Expressway. Diesmal ein kurzes Vergnügen, denn keine 500 m hinter der Auffahrt stand an einer Raststätte eine Polizeikontrolle und stoppte uns natürlich. Alles Dummstellen half nichts, nach einigen Beratungen mit der Zentrale eskortierte uns ein Streifenwagen mit Blaulicht auf der Standspur entgegen der Fahrtrichtung zur Ausfahrt zurück. Also wieder weiter auf der alten Straße. Als die dann an einer Tankstelle wieder auf den Expressway traf, sagten wir uns "Alles oder nichts" und schlüpften mal wieder drauf. Wieder gings mehr als 40 km gut, bis wir lautes Dauerhupen und entrüstetes Gequäke durch einen Lautsprecher vernahmen. Sichtlich aufgebrachter als die letzten Male, lotste man uns in eine Haltebucht. Doch ganz so einfach war es diesmal nicht, denn die letzte Ausfahrt lag 10 km zurück und die nächste 20 km vor uns. Nach endlosem Warten endlich eine Anweisung von der Zentrale: Eskortieren war mal wieder angesagt. Und so gings mit Blaulicht hinter uns auf in Richtung nächste Ausfahrt. Doch kurz davor überholte uns ein Polizeijeep der Ausländerpolizei und übernahm den Fall. Die anderen Beamten zogen ab und die Stimmung wurde gleich viel freundlicher. Man bot uns, mitten auf der rechten Fahrspur der Autobahn wohlgemerkt, etwas Kaltes zu trinken an, war sehr an unserem Wohin und Woher interessiert, plauderte interessiert mit uns über unsere Reisen und entschuldigte sich tausend Male dafür, dass wir auf dieser Straße nunmal nicht fahren dürften. Der Distriktchef war denn nun der Ansicht, dass die alte Straße viel zu weit entfernt wäre und orderte kurzerhand einen Ambulanzwagen, der uns und die Räder zum immerhin 60 km entfernten nächsten Kreuzungspunkt mit der alten Straße bringen sollte. Man war wirklich froh, als wir dann nach einigem Hin und Her einwilligten und wollte uns sogar noch zum Essen einladen. Uns war die Situation aber immer noch nicht so ganz geheuer und so lehnten wir, uns unsererseits wiederum zig Mal entschuldigend, dankend ab und stiegen in den natürlich kostenlosen Ambulanzwagen. 60 km später wieder auf der alten Straße radelten wir die letzten Kilometer nach Kunming.

 

Zwei Tage verbrachten wir in der Stadt und im 80 km entfernten und überteuerten Shilin Stone Forest, einer faszinierenden Felslandschaft mit endlosen Labyrinthen aus steil aufragenden Felsformationen.

 

Mit Anfang März war meiner Zeit in Asien durch den Flug nach Sydney ein Ende gesetzt und so kürzten wir einen großen Teil der Strecke zurück zur laotischen Grenze ab, indem wir mit dem Schlafbus von Kunming nach Jinghong fuhren. Die nächsten drei Tage gings dann den gleichen Weg, den wir vor etwa einem Monat gekommen waren, zurück nach Boten.

 

Ich hatte China geliebt, es war einfach großartig gewesen! Das Essen gut, günstig und vor allem viel! Die Menschen offen, freundlich, ehrlich und interessiert. Und die Landschaften unvergesslich schön! Ich würde ganz ganz sicher wiederkommen!


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