English

Chile per Rad - Atacama & Mitte

2.626 km Radreise - als Teil einer Weltreise mit dem Fahrrad - von der chilenischen Grenze durch die Atacama-Wüste über die Panamericana in die Hauptstadt Santiago de Chile, ein Ausflug an die Küste nach Valparaiso und dann weiter nach Süden zum Vulkan Pucón nach Villarica und zur Grenze nach Argentinien.


Reiseroute

Daten

10.10. - 09.11.2006 / 31 Tage

2.626 km

20.906 Höhenmeter

Höchster geradelter Punkt: 4.509 m

Reisebericht

Bericht hinter den Fotos. Hier direkt zum Bericht!



Gefällt dir Chile I per Rad?

Teile Chile I per Rad!



Fotogalerie


Bericht

Nach einigen Kilometern Sand- und Kiespiste über den letzten 4.509 m hohen Pass gabs endlich seit langer Zeit mal wieder Asphalt unter den Reifen! Auf dem Weg ins über 2.000 m tiefer liegende San Pedro de Atacama wurde es dann endlich wieder warm, nach so vielen Wochen über 4.000 m!

 

Drei Tage später in der nächsten größeren Stadt gabs dann den ersten riesigen Supermarkt seit Australien. Also so einer, in dem man mit einem großen Einkaufswagen durch unzählige Regale mit einem wahrhaft erschlagenden Warenangebot flitzen kann. Damit verbrachte ich denn auch gute zwei Stunden, versuchte mich zu zügeln und die imaginäre 20-cm-Linie im Einkaufswagen nicht zu überschreiten. Erfolglos. Völlig überladen schleppte ich meine Beute ins Hostal und begann zu überlegen, wie ich das denn alles in die Taschen bekommen würde. Erster Teil der Lösung: ich begann zu essen!

 

Ja und dann gings tagelang über mehr als 1.200 km auf der Panamericana durch die trockenste Wüste der Erde, die Atacama-Wüste. Kaum Orte und kein Wasser bedeutete, oft für mehrere Tage Wasser und Verpflegung mitzuschleppen. Ich zeltete quasi neben der Panamericana, meist im offenen Gelände, denn es gab einfach hunderte von Kilometern lang nichts, hinter dem man hätte versteckt zelten können. Der fast durchgehend blasende Gegenwind verwandelte das Ganze oft zu einer anstrengenden Kriechfahrt durch die endlosen Sand- und Gerölllandschaften.

 

Ab La Serena gings dann über die Autobahn weiter nach Süden und gut zwei Wochen nachdem ich vom Altiplano runter in die Wüste gerast war, fuhr ich ins Zentrum der Hauptstadt Santiago de Chile. Auf das Wiedersehen hatte ich mich schon lange gefreut: Sechs Tage wohnte ich bei Ivan, den ich auf der Osterinsel kennengelernt hatte. Es war toll, mal wieder in einer richtigen Wohnung mit eigenem sauberen Bett, einem Bad, Küche mit Kühlschrank und einem Balkon zu wohnen. Das Ganze gab's im 10. Stock mitten im Zentrum Santiagos und zwischen den anderen Hochhäusern glitzerten die schneebedeckten Andengipfel hindurch. Doch damit nicht genug: Ivan lud mich ins noble Spa Bathus ein und so räkelte ich (natürlich verdientermaßen) meine Radlerbeine im Schwimmbad, im Whirlpool, im Dampfbad und in der Sauna. Was für ein Luxus!

 

Und weil Ivan Zahnarzt war, checkte er auch gleich noch meine Zähne. Zum Glück fand er nix. Anders dagegen meine Augen: Die in Peru in der 5 Euro teuren Untersuchung diagonstizierte angebliche Bindehautentzündung wollte und wollte nicht so ganz verheilen und so begab ich mich zu Santiagos vermutlich bestem Hospital für Augenheilkunde. Ergebnis: Leider Fehldiagnose in Peru, ich hatte eine Art Sonnenbrand auf dem Auge. Auch wenn es nicht weiter stören würde, es war trotzdem ein bleibender Augenschaden auf beiden Augen.

 

Am nächsten Tag fuhr ich dann mit Javier, den ich ja auch vor ein paar Monaten auf der Osterinsel kennengelernt hatte, zur Estancia der Familie, auf die er mich eingeladen hatte. Ein riesiges, hufeisenförmiges Haus, sogar mit eigener Kirche nebenan! Hätte mir gut vorstellen können, hier zu wohnen... Den Rest des Tages verbrachten wir mit Asado (Barbecue) und Piscola (Pisco mit Cola) bei der Familie von Javier's Bruder. Es wurde ein langer Abend... Mit Ivan fuhr ich dann nach Viña del Mar und Valparaiso an die Küste. Ewig konnte man hier durch enge Gassen mit bunten Häusern schlendern.

 

Ivan musste für ein paar Zahnimplantationen in den Süden Chiles fliegen, also machte ich mich schweren Herzens wieder auf den Weg. Als ich den Cityverkehr hinter mir hatte und auf der Autobahn nach Süden fuhr, da fühlte ich mich zum allerersten Mal auf dieser Tour einsam. Der Abschied war mir schwergefallen, so wie auch schon bei einigen Abschieden zuvor. Das brachte das lange Reisen leider mit sich: Es bedeutete, sich immer wieder von Menschen, von denen einige gute Freunde geworden waren, trennen zu müssen.

 

Also alles sah danach aus, als wäre es mal wieder Zeit für etwas Action! Somit auf nach Pucón und den nahen aktiven Vulkan Villarica. Den wollte ich natürlich rauf. Alle anderen wollten das natürlich auch und liefen ihn dann üblicherweise wieder runter. Doch nicht so wir! Am ersten Tag mussten wir noch am Fuße des Vulkans wegen zu starken Sturmböen trotz stahlblauen Himmels wieder umkehren. Doch am zweiten Tag hatten wir Glück! Zusammen mit Steven aus Frankreich, Stephen und Sunny aus England und drei Guides starteten wir bepackt mit Ski und Snowboard den Aufstieg durch den Schnee. Nach steilen sechseinhalb Stunden mit Wahnsinns-Aussichten waren wir endlich oben. Wir standen im tiefen Schnee vor einem riesigen, grollenden, rauchenden und Lava spuckenden Krater! Ein unglaublicher Anblick! Ein kleines Stück konnte man noch hineinlaufen in den Krater, aber ein paar Schritte mehr und man wäre wohl in der rot glühenden und spritzenden Lavamasse gelandet!

 

Wir machten uns bereit für den besten Teil des Ganzen: die Abfahrt auf einem aktiven, Lava speienden Vulkan! Nirgendwo sonst auf der Erde möglich! Erst ziemlich steil, später dann mehr und mehr flacher werdend, gings durchs Gelände und Tiefschnee abwärts. Ein paar Tropfen Blut ließ ich dann noch bei einem stuntreifen Sturz auf dem Vulkan, aber nach knapp einer Stunde waren wir unten. Was für ein Wahnsinns-Ride! Ein paar Bier tranken wir noch auf diesen unglaublichen Tag, bevor ich mich am nächsten Morgen über eine übelst steile Kies- und Schotterpiste der argentinischen Grenze näherte. Direkt unterhalb des ebenfalls schneebedeckten Vulkans Lanin schlug ich 5 km vor dem Grenzposten mein Zelt auf. Morgen würde ich in Argentinien sein!


Kommentare: 0